Eine spannende Zeitreise
Vom unterernährten Flüchtlingskind zum Großvater und Schriftsteller
Als Schriftsteller veröffentlichte Rainer Kretschmer mehrere Romane, Sachbücher und Ratgeber-Literatur. Er wird häufig als „geborener“ Erzähler bezeichnet, doch wenn man seine Lebensgeschichte betrachtet, sollte man eher sagen, dass er erst später dazu „geformt“ wurde.
Rainer wurde am 23. Januar 1952 im niedersächsischen Celle als viertes von sechs Kindern des Ehepaars Werner und Hildegard Kretschmer geboren. Nicht genug, dass Kinder von Flüchtlingen (die Eltern waren 1945 vor den heranrückenden Russen aus Schlesien geflohen) damals nicht überall gern gesehen wurden, zudem erlaubten die Eltern ihren Kindern damals weder Kinobesuche noch (etwas später) Fernsehen. Bis Ende der fünfziger Jahre durften die Kinder auch nur Radio hören, wenn es ausdrücklich erlaubt wurde.
Dem schmächtigen und unterernährten Rainer blieben zur Unterhaltung die Geschichten aus dem sonntäglichen Kindergottesdienst, Oma Friedas Erzählungen von früher und die Abenteuer, die er in seiner Fantasie erlebte. Schon während der ersten Schuljahre fiel er den Lehrern durch seine „blühende Fantasie“ auf.
„Ich selbst hatte nur wenige eigene Bücher. Das erste bekam ich zu meinem achten Geburtstag. Es hieß ‚Reißzahn der Raubwolf‘ und ich habe es damals mindestens zehnmal gelesen. Meine Eltern waren zwar in einem Buchclub, der ihnen quartalsweise drei neue Bücher zuschickte, allerdings kann ich mich nicht erinnern, dass sie jemals darin gelesen hätten. Die waren wohl ausschließlich zur Deko im Bücherschrank. Eigentlich ist es für mich nicht nachvollziehbar, dass ich schließlich doch noch Schriftsteller geworden bin.“
Nach seinem Schulabschluss bestand der Vater darauf, dass sein Sohn Rainer das Elektriker-Handwerk bei einem ehemaligen Kriegskameraden erlernen sollte. Das war nicht sein Traumberuf und nach erfolgreichem Abschluss der Ausbildung, verpflichtete er sich freiwillig für vier Jahre zum Dienst bei der Bundeswehr. Dass er sich auf diese Weise der strengen Aufsicht der Eltern entzog, war eine Sache – doch genau in diesem Zeitraum sah sich Rainer Kretschmer plötzlich mit einer ganz anderen Wirklichkeit konfrontiert: Er wurde Ehemann und Vater. Im Mai 1973 heiratete er seine langjährige Freundin Gertraud. Im September 1974 kam dann ihre Tochter Monique und im März 1978 ihr Sohn Marcel zur Welt:
„Die Beiden waren geplante Wunschkinder – ich hatte mir tatsächlich als erstes Kind ein Mädchen gewünscht und das zweite sollte ein Junge werden. Genauso ist es gekommen – eine unglaubliche Erfahrung und für mich ein großes Wunder.
Inzwischen bin ich begeisterter Großvater von zwei wunderbaren Enkelkindern geworden.“
Nach einem Informatik-Studium in Frankfurt am Main boten sich ihm plötzlich zwei sehr unterschiedliche Berufswege an: Rainer hatte eine Anstellung bei einem deutschen Unternehmen gefunden, für das er Geo-Messanlagen in der Türkei betreuen sollte. Die junge Familie bereitete sich gerade auf einen Umzug nach Ankara vor, als sein Vater ihn darauf aufmerksam machte, dass in Celle eine neue Justizvollzugsanstalt gebaut würde und man dafür neues Personal suchte. Der Vater riet seinem Sohn, die Pläne mit der Türkei aufzugeben und sich stattdessen auf eine Stelle als Beamter im Strafvollzug zu bewerben. So ließ sich Rainer in die scheinbar sichere Laufbahn eines Beamten auf Lebenszeit hineindrängen. Nach zwölf Jahren quittierte er den Beamten-Dienst, weil er dort wenig kreative Entfaltungsmöglichkeiten für sich sah und zunehmend unzufriedener wurde.
„Ein Tag verlief wie der andere und der Gedanke, die kommenden Jahrzehnte so zu leben, machte mir Angst. Bei meiner Entscheidung etwas Neues zu wagen, spielte die berufliche Sicherheit eines Beamten auf Lebenszeit keine Rolle mehr für mich und ich bin sehr dankbar, dass meine Frau Gertraud das mitgetragen hat.“
Nach einigen Jahren als selbständiger EDV-Spezialist hatten er und seine Frau Gertraud dann ihr christliches Bekehrungserlebnis. In der Folge baute Rainer mit der Unterstützung seiner Frau Gertraud in Braunschweig eine christliche Medienarbeit mit eigenem TV-Studio auf (Christliche MedienWerkstatt CMW). Dort produzierte er in den folgenden Jahren mit seinem Team unzählige Fernsehsendungen mit dem Themen-Schwerpunkt „christliche Wurzeln im Judentum“ und bildete junge Christen in dem Beruf des ‚Mediengestalters Bild und Ton‘ aus.
„Bringe Mein Volk deinem Volk nahe lautete der Auftrag, den ich im Frühjahr 1998 deutlich hörbar von Gott erhielt und mit dem ich anfangs nichts anzufangen wusste. Damals sagte ein Glaubensbruder zu mir: ‚Gott beruft nicht die Befähigten – Er befähigt die Berufenen!‘
Heute weiß ich, dass er tatsächlich Recht hatte. Aus eigener Kraft hätte ich das alles nicht tun können.“
Er verfasste in diesen Jahren für viele christliche Fernsehmagazine, Dokumentar- und Spielfilme die Drehbücher, die dann unter seiner Leitung und Regie produziert wurden.
Rainer Kretschmer ist der Überzeugung, dass die Entscheidung, aus dem Staatsdienst auszuscheiden und in die kreative Fernseharbeit zu wechseln, die Weichen für seine Zukunft als Schriftsteller gestellt hat. In dieser Zeit begann er auch unter dem Pseudonym ‚Benjamin Paul Iddings‚ die Arbeit an seinem ersten Roman „Toby Thorsen und Lules Ende“.
„Ich bin Jesus sehr dankbar, dass ich diese Arbeit tun durfte, durch die ich wichtige Erfahrungen sammeln konnte und zahlreiche Menschen kennenlernte, die mich durch ihre oft sehr spannenden Lebensgeschichten auf vielerlei Weise inspirierten. Mein Roman ‚Die Spur des brüllenden Löwen‘ ist aufgrund solch einer Geschichte entstanden.“
Heute lebt er mit seiner Ehefrau Gertraud im niedersächsischen Braunschweig. Seine geistige Heimat ist die örtliche Pfingstgemeinde ChristusZentrum Braunschweig. Er ist begeisterter Großvater, Hobby-Koch und arbeitet derzeit an unterschiedlichen Buchprojekten. Daneben hilft er einigen Freunden, unter dem Dach der edition menander, ihren Traum von der Schriftstellerei zu verwirklichen.